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1. Schwarzwald Ultra Radmarathon (245 km, 4000 hm) 20.09.09


Die Entscheidung überhaupt beim SURM zu starten, fiel erst einige Tage zuvor. Mittlerweile war ich fest entschlossen, mich nächstes Jahr am Ötztaler Radmarathon zu versuchen. Da konnte es nicht schaden, vorher noch die eine oder andere Erfahrung zu sammeln. Die Tatsache, dass ich mich nach dem verkorksten Sommer nicht wirklich gut vorbereitet für einen Marathon fühlte, bestärkte mich nur noch mehr, die Sache anzugehen. Auch die schlechten Wetterprognosen hielten mich nicht davon ab. Schließlich konnte in der Vorbereitung für den Ötzi nächstes Jahr auch einiges schief gehen. Vielleicht würde ich dort auch mit weitaus weniger Kilometer am Start stehen, als geplant. Und im Ötztal muss man ja mit weit mehr als nur mit Regen rechnen. Das Ziel war folglich schnell festgelegt. Erfahrung sammeln und wenn möglich durchkommen!

Am Sonntagmorgen um 4:45 Uhr klingelte also mein Wecker. Ich packte meine Sachen und futterte ordentlich Müsli zum Frühstück. Danach ging es mit dem Auto, bei Dauerregen von Spaichingen nach Alpirsbach. Dort angekommen, hatte es inzwischen aufgehört zu regnen. Das war schon mal wichtig. So konnte ich in Ruhe meine Sachen packen, mich anmelden und noch mal meine Klamottenwahl überdenken. Ich entschloss mich letztlich für die kurze Trikotgarnitur. Darunter Beinlinge und ein langes Funktionsshirt. Das sollte erstmal reichen. Der Himmel sah zu diesem Zeitpunkt ziemlich düster aus. Aber immerhin standen wir am Start schon mal im Trockenen.

Pünktlich um 7:00 Uhr erfolgte der Startschuss. Die ca. 400 Teilnehmer wurden in kleineren Gruppen auf die Reise geschickt, so entzerrte sich das Feld gleich zu Beginn ein wenig. Ich startete in der letzten Gruppe. Nach einer kurzen Abfahrt ging es auch gleich in den ersten Anstieg zum Zwieselberg. Ich wollte zu Beginn eher gemächlich fahren. Da der Anstieg relativ flach und die Gruppe langsam unterwegs war, klappte das auch problemlos. Nach kurzer Zeit wurde es aber dann deutlich steiler. Das gefahrene Tempo war mir nun aber doch zu langsam. Also verließ ich die Gruppe und wählte ein für mich angenehmes Tempo. So ein wenig Zweifel hatte ich ja schon, ob das so eine gute Idee war. Ich hatte immerhin deutlich mehr als 200 Kilometer vor mir. Als ich dann aber nach und nach Teilnehmer überholte die schon deutlich angestrengter am Atmen waren als ich, beruhigte mich das wieder.

In der Abfahrt sammelte sich wieder eine größere Gruppe und so fuhr ich mit ihr in den zweiten Anstieg des Tages hinauf zur Schwarzwaldhochstrasse. Wieder waren etwas mehr als 400 hm zu bewältigen. Die Steigung war hier wieder eher moderat und so erreichte ich ohne Probleme den zweiten Gipfel. Oben angekommen strahlte sogar ab und zu die Sonne zwischen den Wolken durch. Nach einer längeren Abfahrt folgte dann der Anstieg zum Löcherberg. Diesen kannte ich noch von meiner Schwarzwald-Durchquerung im Sommer. Damals quälte ich mich am Ende des ersten Tages mit Gepäck mehr schlecht als recht den steilen Anstieg nach oben. Diesmal verlief das natürlich entspannter ab. Ich fand einen guten Tritt und überholte wieder einige Fahrer. Trotz allem war ich froh, als ich oben angekommen war.

Es folgte eine rasante Abfahrt nach Oberharmersbach und dort die erste Verpflegungsstelle nach ca. 70 km. Neben verschiedenen Getränken gab es Wurst- und Käsebrötchen, süße Stückchen, Marmorkuchen, Bananen, Orangen- und Zitronenstückchen und leckere Schogetten :-) Sicher hab ich das ein oder andere auch schon wieder vergessen. Jedenfalls war die Auswahl groß und alles in ausreichendem Maße vorhanden. Nach etwas mehr als 5 Minuten Pause ging es weiter. Nach einer kurzen Abfahrt, sollte noch ein Anstieg mit knapp 500 hm folgen, ehe der Kandel zu bezwingen war. Wäre der erstmal geschafft, wären mehr als 2/3 der Höhenmeter schon zurückgelegt. Mit diesen Gedanken motiviert ging es also weiter.

Wieder sammelte sich auf der Abfahrt schnell eine größere Gruppe. Mit dieser ging es dann auch in den Anstieg nach Höhenhäuser. Dieser verlief zunächst noch mäßig steil. Nach kurzer Zeit wurden aber deutlich zweistellige Prozentwerte erreicht. Die Gruppe zerfiel und ich war erstmals gezwungen ab und zu im Wiegetritt zu fahren. Gegen Ende wurde es aber wieder deutlich flacher und so erreichte ich ohne Probleme die zweite Verpflegungsstelle bei Kilometer 96.


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Die zweite Verpflegungsstelle beim SURM, mittlerweile sogar bei sonnigem Wetter.

Auch hier musste ich mich wieder etwas zurückhalten um nicht zuviel des guten Essens zu verschlingen. Da es mittlerweile deutlich wärmer geworden war, entledigte ich mich nun auch meinem langen Funktionsshirt. Nach ca. einer Viertelstunde machte ich mich dann auf den Weg zum Kandel. Bisher war ich mit dem geleisteten zufrieden. Ich war an allen Anstiegen deutlich schneller gefahren als die meisten anderen Radler um mich herum. Trotzdem hatte ich bislang nicht das Gefühl überdreht zu haben.

Nach einer kurzen Abfahrt ging es anschließend auf nur leicht abfallender Straße nach Waldkirch. Inzwischen befand ich mich wieder in einer Gruppe mit gut 30 Radlern und freute mich, dass ich hier im Windschatten wieder viel Kraft sparen konnte. Am Fuße des Kandels hielt ich kurz an und zog nun auch meine Beinlinge aus. Die Gruppe war natürlich danach weg. Aber an den Anstiegen fuhr ohnehin jeder sein eigenes Tempo. Einige würde ich früher oder später sicher wieder sehen. Und so war es dann auch. Ich fand einen guten Tritt und überholte Fahrer um Fahrer.

Der Kandel ist sicher ein harter Anstieg. Mit über 10 km Länge und mehr als 8% Durchschnitts-Steigung braucht er sich vor vielen Alpenpässen nicht zu verstecken. Die Schwierigkeit liegt auch damit begründet, dass es kaum mal einen Meter gibt, an dem die Steigung deutlich zurückgeht und man sich ein wenig erholen kann. Dafür gibt es aber auch nur sehr wenig richtig steile Stellen. Die Steigung zieht sich einfach sehr gleichmäßig nach oben. Daher fahre ich ihn eigentlich auch ganz gerne. Da ich mit einer Dreifach-Kurbel ausgestattet bin, kann ich eben auch bei 8%-Steigung noch einigermaßen flüssig treten. Überhaupt ging das Konzept, mit möglichst hohen Trittfrequenzen zu fahren, bislang voll auf. Bei meinen bisherigen langen Touren hatte ich oft mit Krämpfen zu kämpfen. Dies versuchte ich diesmal zu verhindern, in dem ich solange es ging, eher mit kleinen Gängen unterwegs war. Kurz bevor ich den Gipfel erreichte, zog das Wetter langsam zu. Ich hoffte, zumindest noch die Verpflegungsstelle oben zu erreichen, ohne nass zu werden. Aber eigentlich konnte ich jetzt schon zufrieden sein. Ich war bereits mehr als 120 km gefahren und hatte noch nicht einen Tropfen Regen gespürt. Bei den Wetterprognosen der Vortage war damit nicht zu rechnen gewesen. Das Wetter hatte aber weiterhin Erbarmen mit uns und ich erreichte trocken die dritte Verpflegungsstation kurz nach dem Kandel bei Kilometer 130.


Ich verpflegte mich wieder kurz, füllte meine Flaschen und machte mich auf den Weg. Leider war ich zu diesem Zeitpunkt der einzige. Eigentlich hatte ich mir im Vorfeld vorgenommen, „taktisch“ zu fahren, mich möglichst oft in Gruppen zu verstecken und so Kraft zu sparen. Aber erstens hatte ich keine Lust zu warten, bis wieder eine größere Gruppe losfuhr. Und zweitens keimte wohl so langsam die Hoffnung in mir, dass ich die Strecke ganz gut bewältigen würde. Es war zwar erst die Hälfte der Kilometer aber ein Großteil der Höhenmeter bereits geschafft. Also stürzte ich mich alleine in die teilweise flotte Abfahrt.

Kurz nach St. Peter folgte der unrhythmische und daher schwer zu fahrende Anstieg zum Thurner. Nach einiger Zeit hörte ich, wie von hinten ein weiterer Fahrer herankam. Gut so, dachte ich mir. Zu zweit fährt es sich leichter. Aber da hatte ich mich wohl getäuscht. Der ältere Herr fuhr hier wohl sein eigenes Rennen. Nach einiger Zeit fuhr er an mir vorbei. Aber anstatt mir nun Windschatten zu spenden, trat er sofort im Wiegetritt an machte sich auf und davon. Jedenfalls für kurze Zeit! Das wirklich dämliche an der Aktion war nämlich, dass er dieses Tempo nur kurz hielt und dann wieder langsamer wurde. Ich fuhr mein Tempo weiter und holte ihn nach einiger Zeit wieder ein. Nachdem ich mich kurze Zeit in seinem Windschatten aufgehalten hatte, entschloss ich mich dann doch wieder zu überholen, um weiterhin mein eigenes Tempo zu fahren. Kurze Zeit später dann das gleiche Spiel, er überholte und trat an. So langsam wurde das ganze nervig.


Glücklicherweise schlossen irgendwann von hinten 3 weitere Fahrer auf. Auch in diese Gruppe konnte oder wollte der Herr sich aber nicht so wirklich einordnen. Aber gemeinsam schafften wir es, die Gruppe einigermaßen am laufen zu halten. Nach dem Thurner ging es dann über die B500 noch einige Meter weiter bergauf. Was dann folgte war wohl der negative Höhepunkt, eines ansonsten tollen Tages. Von hinten näherte sich ein Schweizer mit seinem Auto. Da wir leicht versetzt fuhren, fühlte er sich wohl belästigt und teilte uns dies auch mit seiner Hupe mit. Daraufhin wurde ihm von einem der vor mir fahrenden Radler der Mittelfinger gezeigt. Sicher nicht die feine englische Art. Das rechtfertigt meiner Meinung nach dann aber nicht, seine folgende Reaktion. Obwohl kein Gegenverkehr vorhanden war, rauschte er mit 10 cm Abstand an uns vorbei und streifte dabei mit seiner Antenne den noch immer ausgestreckten Mittelfinger. Passiert ist glücklicherweise nichts. Hätte ich den Kerl aber unterwegs noch mal getroffen, hätte ich ihm mal, wohlgemerkt verbal, deutlich gemacht, was ich von so einer Aktion halte. Wie schon erwähnt, den Mittelfinger zu zeigen, war sicher auch nicht nötig. Aber deswegen die Gesundheit anderer zu gefährden, die teilweise mit der Aktion gar nichts zu tun hatten, geht dann einfach zu weit.

Kurz nach diesem kleinen Schock erreichten wir dann aber die vierte Verpflegungsstation „Kalte Herberge“ nach knapp 160 km. Ich hielt mich auch hier nicht lange auf, sondern füllte nur meine Flaschen und aß eine Kleinigkeit. Wieder fuhr ich zunächst mal alleine los. Doch diesmal wurde meine Ungeduld an der Verpflegungsstelle nicht bestraft. Denn bereits auf der Abfahrt holte mich eine kleine Gruppe ein. Ich hängte mich zunächst mal hinten dran. Doch im nächsten Anstieg zur Friedrichshöhe dann das gleiche Bild wie an etlichen Anstiegen zuvor. Mir war das Tempo einfach zu langsam. Daher überholte ich die Gruppe und versuchte wieder mein eigenes Tempo zu fahren. Vor mir sah ich noch einen anderen Fahrer der bereits zu Beginn des Anstieges aus der Gruppe gefahren war. Ich beschleunigte noch einmal und erreichte ihn kurz vor dem Gipfel.Die folgende Abfahrt und den Anstieg Richtung Untertal absolvierten wir gemeinsam und mit wechselnder Führungsarbeit. Dabei überholten wir immer wieder andere Fahrer. Kurz vor dem Gipfel legte er eine Pinkelpause ein und ich fuhr alleine weiter. Es folgte noch eine kurze Abfahrt und der letzte Anstieg zur letzten Verpflegungsstelle in Peterzell. Kurz davor schlossen von hinten noch einmal einige Fahrer zu mir auf, mit denen ich dann die letzte Verpflegungsstelle nach 205 km erreichte.


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Die letzte Verpflegungsstelle beim SURM, als Lohn gab es alkoholfreies Weizenbier!

Hier gabs dann als Lohn erstmal ein alkoholfreies Weizenbier! Außerdem gönnte ich mir noch mal die eine oder andere Leckerei. Vor allem der Marmorkochen hatte es mir an diesem Tag besonders angetan. Obwohl hier bereits fast sämtliche Höhenmeter überwunden waren, galt es bis ins Ziel noch knapp 40 km zurückzulegen. Da die Strecke auch einige Flachstücke enthielt, beschloss ich diesmal wirklich zu warten, bis sich eine größere Gruppe aufmachte. Es sollte die richtige Entscheidung sein. Nach kurzer Zeit fuhren die Mitglieder eines belgischen Radsportvereins los, mit denen ich davor schon einmal kurz unterwegs gewesen war. Ich hängte mich sofort hinten dran.

Von nun an wurde richtig Tempo gebolzt. Ich war erstaunt, wie viel Druck ich noch immer aufs Pedal bringen konnte. Trotzdem musste ich aufpassen nicht den Anschluss zu verlieren. Sobald sich auch nur eine kleine Lücke zum Vordermann auftat, war es immens schwer, sie wieder zuzufahren. Über kleinere Hügel wurde einfach im Wiegetritt hinweggesprintet. Es kam regelrechtes Rennfeeling auf. Und obwohl es noch einmal ganz schön anstrengend war, machte das hier richtig Spaß. Kurz vor dem Ende riss die Gruppe noch mal in zwei Teile. OK, dachte ich mir, du fühlst dich noch gut, das Ziel ist nah also revanchier dich für den bisher gespendeten Windschattenn und fahr das Loch zu. Gesagt, getan. Nach kurzer Zeit war die Gruppe wieder zusammen und wir ließen es gemeinsam in der letzten Abfahrt nach Alpirsbach noch einmal richtig krachen.

Nach 9:20 h reiner Fahrtzeit und ca. 1 Stunde Pause an den Verpflegungsstellen ereichte ich um 17:20 Uhr wieder Alpirsbach. Es war geschafft. Mit 245 km und fast 4000 hm hatte ich meinen bislang härtesten Marathon überstanden und dabei noch einen akzeptablen Schnitt erzielt. Ich war einfach nur glücklich! Wie ich erst einige Tage später beim Betrachten des Höhenprofils festgestellt habe, habe ich den Marathon sogar noch ein wenig härter gemacht. Ich hab mich nämlich tatsächlich verfahren. Die Friedrichshöhe, die mir noch vom GP Triberg bekannt war, hätte lt. Streckenplan auf der Homepage eigentlich nicht auf dem Programm gestanden. Allerdings fuhr ich zu dieser Zeit in einer Gruppe. Wenn man mit knappem Abstand zum Vordermann im Windschatten fährt, achtet man natürlich nicht mehr so sehr auf irgendwelche Streckenschilder.



Fazit:

Ein toller Tag, ein toller Marathon. Die Verpflegung ließ kaum Wünsche offen. Die Strecke war eigentlich auch gut ausgeschildert. Keine Ahnung warum wir uns trotzdem mal verfahren haben. Einige Gefahrenstellen waren gesondert mit großen Hinweis-Schildern gekennzeichnet. Die Helfer am Streckenrand und im Ziel waren durchweg sehr freundlich, hilfsbereit und engagiert. Die Strecke fast durchgängig auf verkehrsarmen Straßen mit gutem Belag. Und schließlich tat natürlich das gute Wetter sein übriges dazu, dass mir dieser Marathon in guter Erinnerung bleiben wird. Das Wichtigste aber war die Erkenntnis, dass der Ötztaler Radmarathon kein Traum bleiben muss, sondern ein realistisches Ziel für das nächste Jahr darstellt. Warten wir ab, wie es läuft. Sollte ich im nächsten Jahr in Sölden am Start stehen, werde ich hier mit Sicherheit darüber berichten!